Zurück

Impressum

Datenschutz
Die bekanntesten Legenden vom Untersberg


Hier wollen wir Euch nun die bekanntesten Legenden vom Untersberg vorstellen.
Diese Erzählungen und Sagen (Originalkopie) sind aus einem Büchlein "Sagen der Vorzeit, oder ausführliche Beschreibung von dem berühmten salzburgischen Untersberg oder Wunderberg" aus dem Jahre 1782 von dem Autor Aeußer. 

die WFG-Schriftleitung




Vorrede:

Es ist ganz gemein, so man von einem Ort, als Stadt, Markt, Schloß, Dorf oder Berg erzählet, in entfernsten Ländern oder auswärtigen Gegenden entweder viel davon nimmt oder zu deren Geschichte viel hinzugedichtet, und daher die wahre Gestalt oder Umstände keinerdings zu beschreiben weiß, außer es weiß sich ein solcher bey erfahrnen Leuten der eigentlichen Beschreibung selbsten zu bedienen, und dadurch andern die bessere Nachricht zu erteilen.
Es darf keiner von mir glauben, daß ich diese Erzählungen etwa nur zum Spaß mit Fabeln und Erdichtungen angefüllt habe, um andern nur zum Lachen zu dienen.  Ich habe hier bloß die Aussagen jener versonen, die sie selbst beschrieben, und vor ihrem Hintritt mit treulicher Erzählung bestättigt haben, zusammengestellt; und es steht jedem frey, davon zu halten, was er will, und wird weder dem Gelehrten noch dem Ungelehrten als ein Glaubensartikel angepriesen.
Ich war aber sehr begierig, weil ich diesen Wunderberg in meinen jüngsten Jahren so oft besteigen mußte, diese Beschreibung in meine Hände zu kriegen, und denen so vielen Wißbegierigen auf meine Kosten zum lesen zu bringen.
Andertens ist dieses Büchlein nicht hergerichtet, um etwa darin künstliches Deutsch oder angenehme Redensart zu ersehen; sondern, wenn Du dich lieber Leser, zu einer Abwechslung mit diesem Büchlein bedienen willst, glaube ich nicht befürchten zu müssen, daß deiner Seele oder deinen Tugenden Schaden damit geschehen könne; so wie leider, Viele durch verderbliche sündhafte Bücher an ihrer Seele und Seligkeit Schaden leiden müssen.


Äußerliche Beschreibung dieses Berges

Dieser Untersberg wird auch genennt der Wunderberg, und zwar darum, weil er sowohl an äußerlich, sonderbar aber an innerer Gestalt viel Wunderwürdiges in sich fasset.  Wie denn dieses alles durch nachfolgende Erzählung und Offenbarungen zu ersehen seyn wird.
Dieser Untersberg oder Wunderberg steht eine kleine deutsche Meil entfernt von der Hauptstadt Salzburg an dem grundlosen Moos, wo einst vor alten Zeiten die große Hauptstadt Helfenburg gestanden seyn soll; und dieser Berg stehet auf drey Landesgränzen, als nämlich Salzburg, Berchtesgaden und Baiern; der mehrere Theil aber steht auf der Salzburgischen Gränze; er steht ganz frey, und hat 6 deutsche Meilen im Umkreise.  In Betreff seiner Höhe und scharfen Felsen wird er jedoch von mehreren andern oft übertroffen.
Doch ist zu bewundern und wohl zu merken seine Fruchtbarkeit an gut und großer Waldung, Alben, verschiedenen vornehmen Wurzen und Kräutern, an denen 3 bis 400 Gämse nebst viel anderen Wild und Federwildprät auf der Salzburgischen Gränze alleinig ihren sattsamen Unterhalt finden.  Dieser Berg ist auch schätzbar an Mineralien; indem öfters fremde Kunsterfahrne aus Welschland herbeykamen, diese geheim bearbeiteten, darneben sich aber der Bosheit gebrauchten, denen anliegenden Landesbewohnern aus Neid solche zu verblenden und zu verhehlen; ja sogar vor ihnen nicht einmal sicher sind, sofern sie sich ebenfalls solcher Wissenschaften und Kunsterfahrenheit würden findig machen wollen, wie ich ganz wahr (ohne daß solches hier anzuzeigen nöthig ist)  erzählen kann.
Im Jahre 1753 ging ein ganz mittelloser, beym Hofwirth zu St. Zeno stehender Dienstknecht Namens Paul Mayr, auf den in der Nähe stehenden Wunderberg, nach öfters gehörtermassen zu seinem Unterhalt etwas finden zu können.  Da nun dieser unweit dem Brunnthal des Bergs fast die halbe Höhe erreicht hatte, kam er zu einer Steinklippe, worunter ein Häuflein Sand lag.  Aus Aus Vorwitz nahm er diesen zur Prob mit sich, und füllte alle seine Taschen damit an.  Mit Freud wollter er nacher Haus gehen, alsbald ein fremder Mann vor seinem Angesicht stand, und zum Paul Mayr sprach: Was tragst Du da?
Vor Furcht und Schrecken bleibe Mayr stumm vor ihm stehen.  Der Fremde ergriff ihn, und leerte ihm alle seine Taschen aus, und gab ihm anbey diese Wort: Jetzt gehe nimmer den alten Weg zurück, sondern einen andern, und sofern Du dich hier wieder wirst sehen lassen, wirst Du nicht mehr lebend davon kommen.
Dem guten Dienstknecht reitzte und freute das Gold, und beschloß daher, diesen Goldsand doch ein andermal zu besuchen.  Er nahm einen gut bewaffneten Kameraden mit sich.  Es war aber alles umsonst:  Dieser Ort ließ sich nimmer mehr finden.


Ein Anderes

In eben diesem Jahre 1753 ging von Salzburg eine Kräutlbrockerin auf den Wunderberg.
Als sie eine Zeitlang auf demselben herumgienge, kam sie zu einer Steinwand.  Allda liegen Brocken, grau und schwarz als wie die Kohlen.  Sie nahm von diesen etliche zu ihr, und da sie nach Haus gekommen war, merkte sie, daß in solchen klares Gold vermischt war.  Sie gieng alsobald wiederum hinauf auf den Berg, um mehreres dergleichen zu ihr zu nehmen: konnte aber alles Suchens ungeachtet den Ort nicht mehr finden.
Es ist daher sehr wunderlich, und weiß niemand zu behaupten, ob es wohl einer  Verblendung dieser fremden Männer zuzuschreiben sey, oder ob zu Ausfindigmachung dieses Wunderbergs ein reines Gewissen oder besonders Glück erforderlich ist.


Von einem Holzmeister

Dieser Holzmeister, als er sich in seinen Verrichtungen auf dem Berge verspäthete, seine Nachtruhe daselbst in einer Höhle nehmen mußte, kam andern Tags darauf zu einer Steinklippe, aus welcher ein glänzend schwerer Goldsand herabrieselte.  Weil er aber kein Geschirr bey sich hatte, gieng er ein andersmal hinauf, und setzte ein Krüglein unter; und da er das erstemal mit dem angefüllten Krüglein hinweg gienge, sah er unweit dieses Orts eine Thür öffnen, wodurch er gesehen, und ihme natürlich vorkommen, als sehe er in den Berg hinein eine besondere Welt mit einem Tageslicht, wie wir es haben.
Von diesem Krüglein noch besonders zu merken.  Dieses Krüglein hat er alle seine noch übrigen Lebensjahre angefüllter nach Hause getragen.  An Geld, daß ihm dieser Sand abgeworfen, hatte er während seines Lebens keinen Mangel.  Nach seinem Tod ist aber an diesem Geld kein Segen gewesen, und ist nicht zu verstehen, wie seine Freunde daran so viel Mangel litten, da sie doch nichts davon verschwendeten oder zum Bösen angewendet.
Obengemeldte Thür hat gemeldter Holzmeister kaum eine Minute lang gesehen offen stehen;
und da sie zugethan wurde, hat es in dem Berg gehallte, wie ein großes Weinfaß, von der Thür aber war die folgende Zeit nichts mehr zu sehen gewesen.


Mehrere Geschichten dieses Wunderberges

Alte Männer aus dem Dorfe Feldkirchen, 2 Stunden von Salzburg, haben im Jahre 1645 erzählet:
Als sie noch unschuldige Buben waren, hatten sie aus dem Wunderberg Riesen herab gehen gesehen, die sich an die nächst dieses Berges stehende Grödicher Pfarrkirche angelehnt, daselbst mit Mannes- und Weibspersonen gesprochen, dieselben eines christlichen Lebenswandels ermahnet, und in diesem, ihre Kinder eines bevorstehenden Unglücks zu entgehen, wohl zu erziehen; sodann haben sich diese Riesen wiederum nach ihrem Wunderberg begeben.  Diese Grödicher Leut waren von denen Riesen oft ermahnt, durch erbauliches Leben gegen verdientes Unglück zu sichern.


Von den wilden Frauen

Die Grödicher Einwohner und Bauersleut zeigten an, daß zu eben denselben Zeiten zu ihnen vielmals die wilden Frauen aus gedachten Wunderberg zu den Knaben und Mägdlein, die zunächst dem Loch innerhalb Glanegg das Waidvieh hütteten, herausgekommen, und haben ihnen Brot zu essen gegeben.
Mehrmalen kamen die wilden Frauen zu selbigen Zeiten zu der Aehrenschneidung.  Sie kamen früh Morgens herab, und Abends, da die andern Leut Feuerabend genommen, giengen sie (ohne das Abendmahl mitzuessen) wiederum in ihren Wunderberg hinein.
Einstens geschahe auch nächst diesem Berg, daß ein kleiner Knab auf einem Pferd saß, daß sein Vater zum Umackern eingespannt hatte.  Da kamen auch die wilden Frauen aus dem Berg hervor, und wollten diesen Knaben mit Gewalt hinwegnehmen; sein Vater aber, dem die Geheimnisse und Begebenheiten dieses Berges vorhin schon bekannt waren, eilte den Frauen ohne Furcht zu, und nahm ihnen den Knaben ab mit den Worten: Was erfrechet ihr euch so oft herauszugehen, und mir jetzt sogar meinen Buben hinwegzunehmen?  Was wollt ihr mit ihm machen? -
Die wilden Frauen sagten: Er wird bey uns bessere Pflege haben; es wird ihm bey uns besser gehen, als zu Haus, und der Knabe wär uns sehr lieb, es wird ihm kein Leid widerfahren. 
Allein der Vater ließ seinen Knaben nicht aus den Händen, und die wilden Frauen giengen bitterlich weinend von dannen.
Abermals kamen die wilden Frauen aus diesem Wunderberg nächst der Kugelmühle, oder Kugelstatt genannt, so bey diesem Berg schon auf der Anhöhe liegt, heraus und nahmen einen Knaben mit ihnen fort, der das Weidvieh hüttete.  Diesen Jedermann wohlbekannten Knaben sahen die Holzknecht erst über ein Jahr in einem grünen Kleid auf einem Stock dieses Berges sitzen.  Den folgenden Tag nahmen die Holzknechte seine Eltern mit ihnen, willens den Knaben auf dem Berg aufzusuchen.  Allein sie giengen alle umsonst: der Knab kam nicht mehr zum Vorschein.
Mehrmalen hat es sich in vorbemeldeten Jahren begeben, daß eine wilde Frau öfters aus dem Wunderberg gegen das Dorf  Anif gienge, welches eine halbe Stunde vom Berg entlegen ist.
Alldort machte sie ihr in die Erde Löcher und Liegerstatt.  Sie hatte ein ungemein langes und schönes Haar, das ihr beynahe bis zu den Fußsohlen hinabreichte.  Ein Bauersmann von dem Dorfe Anif sah diese Frau öfters von und zugehen, und verliebte sich in sie hauptsächlich wegen der Schönheit ihrer Haare.  Er konnte sich nicht erwähren, zu ihr zu gehen, betrachtete sie mit vielem Wohlgefallen, und legte sich endlich in seiner Einfalt ohne Scheu zu ihr in ihre Liegerstätte.  Es sagte eins zum andern nichts, vielweniger daß sie etwas Ungebührliches getrieben.  In der zweyten Nacht aber fragte die wilde Frau den Bauern: Ob er nicht selbst eine Frau hätte.
Der Bauer aber verläugnete seine Ehewirthin und sprach: Nein .
Allein des Bauers Weib machte ihr viel Gedanken, wo denn ihr Mann Abends hingehe, und des Nachts schlafen möge.  Sie spähete ihm nach, und traf denn ihren Mann auf dem Felde schlafend bey der wilden Frau.  O behüte Gott, sagte sie zur wilden Frau, deine schönen Haare!  Was thut ihr denn da miteinander?  Mit diesen Worten wich das Bauersweib von ihnen, und der Bauer erschrack sehr hierüber.  Aber die wilde Frau hielt dem Bauern seine treulose Verläugung vor, und sagte zu ihm: Hätte deine Frau bösen Haß und Aerger gegen mich zu erkennen gegeben, so würdest du jetzt unglücklich seyn, und nicht mehr von dieser Stelle kommen, aber weil deine Frau nicht bös war, so liebe fortan deine Frau und hause mit ihr getreulich, und untersteh dich nicht mehr daher zu kommen; denn es stehet geschrieben: ein jeder lebe getreulich mit seinem getrauten Weib, obgleich die Kraft dieses Geboths einst in große Abnahm kommen werde, und mit dieser aller zeitlicher Wohlstand der Eheleute, nimm diesen Schuh voll Geld von mir, gehe hin und siehe dich nicht mehr um.


Von einem Bergmännlein

Es zeigten alte Leut mit Wahrhaftigkeit an, daß vor etlichen Jahren zu Glaß im Dorf, ein Stund von dem Wunderberg und eine Stund von der Stadt Salzburg Hochzeit gehalten wurde.  Zu dieser Hochzeit kam gegen Abend ein Bergmännlein aus dem Wunderberg.  Dieses ermahnte alle Hochzeitgäst in Ehren fröhlich und lustig zu seyn, und verlangte auch mittanzen zu dürfen, so ihm auch nicht verweigert worden.  Machte also mit ein und andern ehrbaren Jungfrauen allezeit 3 Tänze, und zwar mit besonderer Zierlichkeit, so daß die Hochzeitgäst mit Verwunderung und Freude zuschauten.  Nach dem Tanz bedankte es sich, und schenkte einem jeden der Brautperson 3 Geldstücke von einer unbekannten Münz (man hielt eine im Werth zu 4 Tr.), und ermahnte dieselben neben dem Geschenk im Frieden und Eintracht zu hausen, christlich zu leben, und bey einem frommen Lebenswandel ihre Kinder zum Guten zu erziehen.  Diese Münz sollen sie zu ihrem Geld legen, damit sie in keinen Mangel kommen, und stets seiner gedenken, so werden sie selten in Noth kommen; sollen aber anbey nicht hoffärtig werden, sondern von ihrem Ueberfluß ihren Nachbarn helfen.
Dieses Bergmännlein blieb bey ihnen bis zur Nachtszeit, und nahm von Jedermann Trunk und Speis, die man ihm dareichte, aber nur etwas weniges; als dann bedankte es sich und begehrte einen Hochzeitsmann, der ihn über den Fluß Salzach gegen den Berg zu überschiffte.
Bey der Hochzeit war ein Schiffmann, Namens Johann Ständl; der machte sich eilfertig auf, und giengen miteinander zur Ueberfahrt.  Während des Ueberfahrens begehrte der Schiffmann seinen Lohn.  Das Bergmännlein gab ihm in Demuth 3 Pfennige.  Diesen schlechten Lohn verschmähte der Fuhrmann sehr.  Es gab ihm aber zur Antwort: Er solle ihm dieses nicht verdrießen lassen, sondern sollte die 3 Pfennige wohl behalten, so wird er an seiner Habschaft nicht Mangel leiden dürfen, wenn er anderst des Uebermuths Einhalt thut.
Nebstbey hat dieses Bergmämmlein dem Fuhrmann ein kleines Steinlein gegeben, mit den Worten, wenn er selbes an den Hals würde hängen, so wird er in dem Wasser nicht zu Grund gehen können, welches sich auch noch in demselben Jahr zur Prob gezeigt hat.  Zuletzt ermahnte es den Fuhrmann zu einem frommen, demüthigen Lebenswandel, und gieng schnell von dem Schiffmann hindann.


Von einem Weinfuhrmann

Es fuhr im Jahr 1694 ein Fuhrmann mit einem mit Wein beladenen Wagen aus Tirol nach Hallein (einem 3 Stund von der Hauptstadt Salzburg entlegenen Städtlein), willens, die diesen Wein alldort zu verhandeln.  Als er neben St.Leonhard bey der Almbrucken zu Niederalm (einem Dorf nächst des Wunderbergs), gefahren, gieng ein Bergmännlein von diesem Berg hervor, und fragte den Fuhrmann, woher er kommet, und was er da führet.  Alsbald sagte ihms der Fuhrmann, was er da führt.  Da sprach das Bergmännlein: Fahre mit mir, ich will Dir gute Münz dafür geben, und zwar noch mehr, als Du in Hallein dafür bekommen wirst.   Der Fuhrmann aber wollte dieß nicht thun, sondern erwiederte, daß er den Wein jenem Hernen zuführen müsse, der in bestellt hat.  Da nun das Bergmännlein wahrnahm, daß der Fuhrmann nicht wollt mitfahren, so fiel das Bergmännlein plötzlich auf die Mähn der Pferde, und sprach: Fuhrmann! weil Du nicht willst mitfahren, so sollst Du nicht wissen, wo Du bist; ich will Dich so führen, daß Du Dich nicht mehr auskennen sollst.  Der Fuhrmann war in vielen Ängsten, und wußte sich nicht zu rathen und zu helfen; doch besann er sich, und hielt es für besser, einer zweifelhaften Sache nachzugeben, als alles für verloren zu geben.  Er fährt deswegen mit dem Männlein, und dieses führt die Pferd fleißig beym Zaum gegen den Wunderberg zu.  Da sie näher dem Berg zukommen, schien es dem Fuhrmann, als sey er auf einer ganz neu gemachten Straße; und als sie nächst des Berges waren, überfiel den Fuhrmann ein Schlaf; und da er wieder erwachte, sah er, daß er zu einem wohlgebauten Schloß fahre, welches von lauter roth und weißem Marmor sehr hoch erbauet war, in dessen Mitte ein vortrefflich mit Kupfer gedeckter hoher Thurm stand, und die Fenster waren von purem Krystall.  Um das Schloß herum war ein etlich und zwanzig Klafter tiefer Graben.  Außerhalb war eine Mauer 30 Klafter hoch und 10 Klafter dick.  Dieses Schloß selbst aber stand auf einem abgehaut und abgeputzten Felsen.  Bevor man zu dem Schloß kommen konnt, mußte man über sieben Aufzugbrücken durch mehrere Thore und Schutzgitter.
In dieses Schloß mußte der Fuhrmann hineinfahren.  Sobald ihn aber ein Diener, der von einem Fenster dieses Schloßes herabsah, ersehen hatte, sagte er es sogleich allen Anderen in dem Schloß, welche dann zu allen Fenstern liefen, als hätten sie Freud an dem Fuhrmann.
Diese waren lauter Bergmännlein, einige bloß und andere bekleidet.  Es ließen sich auch einige sogar vor das Schloß heraus, insonderheit der Kellermeister, der ein etwas stärkeres Männlein war, mit vielen Schlüßeln und großen Taschen versehen, dem sein Bart über seinen Bauch auch sein Haar über die Mitte des Leibs herabreichte.  Dieser Kellermeister sprach:
Willkommen, mein lieber Fuhrmann!  Sey nicht traurig, ich werde Dir zu essen und zu trinken geben, was Dir gefallen wird.   Aber wiewohlen sie dem Fuhrmann die besten Worte gaben, so zitterte der Fuhrmann doch an allen Gliedern vor Angst und Bangigkeit.
Als sie in Mitte des Hofes hineinkamen, waren eilends Einige vorhanden, welche die Pferde ausspannten, und sie in den Stall zum Füttern führten.  Imgleichen führten andere den Fuhrmann in den untern Theil des Schloßes in ein lichtes Gemach, gaben ihm zu essen und zu trinken, so viel er ertragen konnte, und alles in feinen und sehr wohlgeputzten zinnernen Geschirren.  Ungeachtet alles dessen, wollte er doch nicht fröhlich seyn, weilen er nicht wußte, was dieses wunderliche Ereignis mit ihm und seinem Wein für einen Ausgang nehmen werde.  Als er eine Zeitlang geessen und getrunken hatte, befahlen sie ihm mit ihnen zu gehen, sie wollten ihm alle Ort und Ende dieses Schloßes zeigen.  Der Fuhrmann wäre zwar lieber an seinem Ort geblieben, um auch zu seinem Pferde zu schauen; weil er sich aber nichts zu erwähren getraute, so gieng er mit ihnen.  Da führten sie ihn über eine Steige hinauf, welche 25 messingene Staffeln hatte.  Dann kamen sie in einen prachtvollen Saal, in dem die Wände mit sehr schönen Tapeten bedeckt waren.  Darinnen waren Fenster 20 Schuh hoch und 7 breit, aber nicht verglast.  Durch diesen Saal führten sie ihn in einen anderen Saal, der noch viel herrlicher und schöner war, als der erste, und war von lauter kostbaren Marmor gepflastert, woben die Seitenwände nicht mit Tapeten, wie in dem ersteren bedeckt, sondern vom klarsten Gold aufgerichtet waren, die Fenster waren von Krystall, übersich war ein Tafelboden ebenfalls mit Gold, und in der Mitte des Saals vier von Metall gegossene fein gearbeitete große Riesen 18 Schuh hoch.  Diese Riesen hatten große goldene Ketten an ihren Armen, als ob sie gefangen wären.  Oben an der Mitte des Tafelbodens war ein geformirtes Bergmännlein mit einer goldenen Krone, welches die Riesen gleichsam geschlossen hielt; und da der Fuhrmann diese vier Riesen eine Zeitlang betrachtet hatte, sagte das Bergmännlein zu ihm: Fuhrmann, verstehst Du nicht, was diese 4 Riesen sammt dem Bergmännlein mit der Kron für die künftigen Zeiten bedeuten wollen? Der Fuhrmann sagte, er wisse es nicht; und das Bergmännlein meldet davon kein Wort mehr.  Neben herum in diesem Saal hiengen lauter Harnische, Pickelhauben, Schwerter, unbekannte Geschosse, und alles mit Gold reich verziert.  Was sie 4 Riesen sammt dem Bergmännlein (so der Fuhrmann nicht verstanden) bedeuten sollen, ist bey vielen die Meinung, daß entweders mit der Zeit in allen 4 Welttheilen Krieg sich erhebet, oder die 4 größten Monarchen in unserem Erdteil von dem Kleinsten abhängig werden.  In diesem Saal stunden auch Tische, von denen sich der Fuhrmann nicht auskennen konnte , ob solche von Holz, Stein oder was sonst für eine Materie seyn sollten, doch sah er, daß sie allenthalben mit Gold und Edelsteinen kostbar verziert waren.  Aus diesem Saal führten sie den Fuhrmann in einen Dritten, der nicht weniger prächtig und schön geziert war.  Es stunden in diesem überaus schöne Bettgestelle mit dem glänzendst feinsten Gold geziert, und oben auf den vier Ecken der Bettstelle standen 4 Knöpfe, welche der Fuhrmann ebenfalls nicht kennen konnte, von welcher Materie sie wären.
An diesen Knöpfen hiengen goldene Ketten.  Von dem dritten Saal führten die Bergmännlein den Fuhrmann in ein finsteres Gewölb, das jedoch ganz reinlich war.  In diesem Gewölb befand sich ein Loch von einem halben Schuh weit.  Durch dieses befahlen sie dem Fuhrmann ein wenig durchzuschauen.  Als er dadurch sah, so zeigte sich ihm eine besondere kleine Taglichte, und über fünfzig kleine Mägdlein, von denen einige bedeckt, die anderen bloß waren.  Sie nahmen den Fuhrmann von diesem Gesicht als bald zurück, und mußte mit ihnen über eine Steige hinunter in einen wohlgebauten Keller, wovon er kein Ende sehen konnte, und der mit Weinfässern voll angefüllt war.  Von diesem Keller mußte er mit ihnen in ein hohes Gewölb, darinnen eine große runde Tafel stunde.  An diese setzte sich ein Bergmännlein, zog einen großen Beutel mit Geld heraus, und gab dem Fuhrmann für den mitgebrachten und zugeführten Wein 180 Dutzet Dukaten, und zwar mit dem höflichen Dank und mit diesen Worten: Hebe Dein Geld auf, und kaufe Dir um dieses einen andern Wein, und Du wirst mit diesem Geld auf Deine Lebenszeit Handlung treiben können, und es wird Dir glücklich gelingen.  Nach diesem spannten die Bergmännlein seine Pferde wiederum ein, und nahmen einen Stein, so roth und blau schien, und machten damit dem Fuhrmann sein blindes Pferd sehend.  Sie gaben ihm auch diesen Stein, mit dem Auftrag, daß er damit auch andern blinden Pferden armer Bauersleute helfen sollte.  
Demnach begaben sich die Bergmännlein alle in ihr Schloß zurück, und kamen alsbald 3 andere hervor, welche schwarze Kleider, grünsammentne Kasquets und rothe Federn darauf hatten.  Diese sagten zum Fuhrmann: Du hast wohlgetan, daß Du den Wein, den Du geführt, hier zu erkaufen gegeben hast.  Ermahne auch Deinen Bruder, daß er verkaufe, mit was ihn Gott zum Ueberflusse gesegnet hat.
Sie begleiteten den Fuhrmann eine ziemliche Strecke Wegs, und sagten ihm zuletzt: Da man anfangen wird, weiß und rothe Hütlein zu tragen, wird die Noth aller Orten ihren Anfang nehmen, und der Segen Gottes sich wenden nach dem Leben der Menschen.
Alsbald fuhr der Fuhrmann voller Erstaunen und Verwunderung seinen Weg im Frieden weiter, unwissend wie auch wo er herausgekommen ist, indem er sich mit seinem Fuhrwerk plötzlich an dem Ort gesehen, wo das Bergmännlein zuvor zu ihm gekommen war, welches jedoch seine Kleinmuth und Sorg vermindert hat.  Die 180 Duzent Dukaten sind dem Fuhrmann bey seinem anbefohlenen und auch fleißig unternommenen und glücklichen Weinhandel nie mehr und nie weniger geworden.  Er behielt anbey auf erhaltenen Befehl der Bergmännlein diese wunderlichen Geheimnisse und Erscheinungen alle bey sich bis nahe an seinen Tod, ausser daß er seine Bekannten und Freunde zur Freygebigkeit des Ueberflußes öfters erinnerte, und dann stets einen nachdenkenden und gottesfürchtigen Lebenswandel führte, den er erst mit seinem Tod ein Ende machte.


Die Geschichte von dem Jäger

Im Jahre 1738 befahl der Jäger, der dazumal eben diesem Wunderberg seinen Forst hatte, seinem Knecht oder vielmehr leiblichen Bruder, Namens Michael Holzögger, zur Nachsicht in den Berg zu gehen.  Der Knecht that, wie ihm der Jäger befohlen.  Er blieb aber über 28 Tage aus; und da es schön öfters geschehen, daß sich einige in diesem Berg verstiegen, und herabgefallen, so war auch bey seinem Bruder, dem Jäger, die feste Meinung, daß ihm vermög seiner langen Abwesenheit ein Gleiches widerfahren seyn muß, so beschloß der Jäger für den verlornen Michael Holzögger auf der Gmain, allwo nahe des Bergs eine Wallfahrt ist, einen Gottesdienst halten zu lassen.  Aber welche Erscheinung!  Während diesem Gottesdienst kommt der Michael selbst in die nämliche Kirche zum Vorschein, und war, willens, eben allda seine Danksagung wegen glücklicher Zurückkunft abzulegen.  Der Jägerknecht vernahm alsobald, daß dieser Gottesdienst ihn angienge, und die dem selben Beywohnenden erstaunten nicht wenig, da sie diesen Michael Holzögger ganz in seiner vorigen Gestalt (sowohl des Leibs als seiner saubern Kleidung, die er gern getragen) ganz unverletzt und wohlbehalten erblickten.  Jedermann drängte sich zu ihm, und wollte hören, wie es ihm ergangen und was er ihnen wohl von den sonderbaren Eigenschaften dieses Wunderbergs erzählen werde: allein der Jägerknecht war ganz in sich verschlossen und nachdenkend, und Niemand konnte mehr von ihm erfahren, als daß er die Leut angewiesen, was der Lazarus Gitschner ohnehin von diesem Berg beschrieben, und sowohl ihre Enkel als Nachenkel von demselben erfahren werden.
Es wird weiters davon erzählt, daß der damals regierende Erzbischof zu Salzburg, Namens Firmian, nach erhörter Sache diesen Jägerknecht zu sich rufen lassen, um das Wahre von diesem Wunderberg einzuholen.  Der Jägerknecht gab aber dem gnädigsten Bischof zur Antwort: Er dürfe nicht reden, außer wenn er ihm die gnädigste Erlaubnis ertheilen werde, ihm selbsten beichten zu dürfen.  Dies Ansuchen wurde ihm ohne Bedenken bewilligt.  Nach abgelegter Beicht wurde auch der gnädigste Erzbischof sehr tiefsinnig und nachdenkend, und man bemerkte, daß sich dieser her von dieser Zeit an die Erhaltung seiner Unterthanen in der Lehre der christkatholischen Kirche noch mehr als zuvor angelegen seyn ließ.  An dem Erzbischof selbst sah man aber öfters viele Bestürzung und Traurigkeit, auch daß er sich oft von der Stadt und seinen Hofherren entfernt hat; massen er auch in seiner letzten Krankheit sich von der Stadt weg in eine Land-Residenz, in die Leopoldskron, begeben, und dort sein zeitliches Leben beschlossen hat.  Allein es war nicht genug, daß sich die Salzburger Unterthanen wegen dem Tod ihres damaligen geliebten gnädigsten Landesfürsten bestürzten, so wie er selbst deswegen, weil er seine Unterthanen gerad in den größten Bedrängnissen verlassen mußte; sondern er hatte auch zum größten Feind den damaligen Kurfürsten von Baiern, welcher mit mehreren tausend Soldaten das Land zu besetzen heranzog, und schon eine Stunde von der Hauptstadt stund, wo denn beyde Theile Soldaten gegen einander agirten, beyde Theile sehr viel Ungelegenheiten und Unkosten machten, und der Räuberen ziemlich ergeben waren.  Selbige Zeit war gerade eine große Theurung und Hungersnoth, und diese Uebel hatte auch Gott zuvor durch einen Kometstern, welcher wie eine förmliche feurige Ruthen von Baiern herein gestaltet gewesen, angedeutet.  Wenige Leute aber haben diesen Kometen zu einem Vorzeichen genommen.  Der vorbeschriebene Jägerknecht aber machte sich ganz und gar von dem Land, und begab sich nach Wien, allwo er sich verehelichte und mehrere Kinder hinterließ.  Er lebte nach diesen seinen Begebenheiten sehr fromm und gottesfürchtig und stets von den Leuten entfernt durch seine Lebenszeit.  Dessen Verlauf seine Befreunde in dem Dorf Gredig nächst diesem Berg noch zu Dato einige im Leben allda Ansäßige bey geist- und weltlicher Obrigkeit eidlich bekräftigten.


Eine andere geheime Erzählung von diesem Wunderberg

Im Jahre 1529 war mit Namen Lazarus Gitchner, beym Herrn Stadtschreiber zu Reichenhall, 3 Stunde von Salzburg, in Diensten.  Er beredete seinen Herrn und den Herrn Stadtpfarrer, Namens Martin Elbenberger, dazu auch einen Bürger von Reichenhall, mit ihm diesen Wunderberg zu besteigen.  Da nun ihr mit einander bestimmter Tag angekommen war, wagten sie sich in Gottes Namen fort.  Sie kamen zu einer Klamm, der hohe Thron genannt.
Allda war eine Schrift mit silbernen Buchstaben in einen Stein eingehauet.  Diese hatten sie eine Zeitlang angeschauet, darnach waren sie davon gegangen, und nach etwas herumschauen den Weg wiederum nach Haus genommen.  Als sie nun zu Haus waren, redeten sie unter einander von dieser Schrift.  Endlich befahl Herr Stadtpfarrer Martin dem Lazarus Gitschner, die eingebauten Buchstaben oder Schrift auf dem Papier zurückzubringen; wie er dann gleich den andern Tag den Wunderberg bestieg (dieß war gewesen am letzten unser lieben Frauen Tag im Herbst).  Da schriebe er diese Buchstaben mit Aufmerksamkeit auf, welche folgende waren.

S. V. R. C. E. T. S. A. T. V. S.

Da Lazarus Gitschner sich dabey lange aufhielt, ist es Abend geworden.  Er konnte sohin nicht mehr nach Hause gehen, und blieb bey dieser Klamm über Nacht.  Dies geschah an einem Mittwoch.  Am Donnerstag in der Frühe, als er erwachte, und daselbst ein wenig aufwärts gieng um sich umzusehen, sah er einen baarfüßigen Mönch vor sich stehen, der las in einem Buch; auf seinen Schultern trug er einen Bund Schlüssel.  Dieser Mönch sprach zum Lazarus Gitschner: Wo bist Du gewesen, und wo gehest Du hin?  Bist Du etwa hungerig? - Der Lazarus dachte bey ihm selbst:  Jetzt werde ich mit Geld aufkommen und ein reicher Mann werden; daher erzählte er dem Mönch seine Meinung und Willen in der größten Vertraulichkeit.  Dann sagte der Mönch zu Lazarus: Gehe mit mir; es wird Dir und Deinem Nebenmenschen gut geschehen.  Ich werde Dir auch zu essen und zu trinken sattsam geben, und werde Dir zeigen, was Du hier durch die eingebauten Buchstaben in dieser Klamm vernehmen sollst.
Dann giengen sie miteinander von diesem Orte, wo sie geredet haben, wiederum zum hohen Thron.  Da kamen sie zu einer eisernen Thür.  Diese machte der Mönch auf.  Bey derselben Thür aber hatten sei ein wenig Tageslicht.  Kurz darauf führte ihn der Mönch durch ein Thor.  An diesem Ort war eine steinerne Bank.  Hier, sagte der Mönch, Lazarus! auf diese Bank lege Deinen Hut; denn eben hier wirst Du wiederum herauskommen, und so lang Du darinnen bist, sp sprich zu Niemanden kein Wort; es mag einer zu Dir sagen und Dich fragen was er nur will; mit mir aber kannst Du sprechen, was Dir beliebet und recht ist; aber merke Dir wohl alles dasjenige, was Du da sehen und hören wirst.
Mit diesen Worten giengen sie in das Thor hinein.  Da sah der Lazarus Gitschner einen großen Thurm mit einer Uhr, die mit Gold verziert war.  Der Mönch sagte zu ihm: Siehe, auf welche Stunde der Uhrzeiger stehet, und es war 7 Uhr.  Als Lazarus etwas weiter hineinkam, sah er ein schönes herrliches Gebäude mit zwey Glockenthürmen, einem Klostergebäude ähnlich.  Dieses stund auf einer schönen großen Wiese, die auch mit schönen grünen und schwarzen Wald- und Obstbäumen mit den vornehmsten Früchten gezieret war.  Die Wiese war auch voll der reinsten und schönsten Brunnquellen, deren eine mit zwey messingenen Röhren zu diesem Gebäude geleitet wurde, und sich in einen großen marmorsteinernen Granter sehr kalt ergoß.  In dieses Gebäude führte ihn der Mönch in einen prachtvollen Tempel; dieser war so groß, daß Lazarus am Eingang kaum vorne den Hochaltar sehen konnte.  Von da führte ihn der Mönch vorwärts zu dem hochwürdigsten Gut, und befahl ihm da zu bethen.  Der Mönch selbst bethete hier in größter Andacht.  Dann führte der Mönch den Lazarus hinten in einen Stuhl, und sagte: Lazarus bleibe da, bis ich wieder komme, und Dich von dieser Stelle hinwegführen werde; sagte ihm auch, diese Kirche indessen wohl zu betrachten, denn diese habe mehr als 200 Altäre und über 30 Orgeln ohne die dazu gehörigen andern musikalischen Instrumente.
Allda ließ sich der Lazarus nieder in einen Bethstuhl nahe bey einer Stiegen, allwo die Mönche auf und abgehen mußten.  Endlich kamen die Mönche wirklich herab bey 300 Paar, Alte und Junge, und alle mit Holzschuhen angethan.  Sie sahen den Lazarus mit Vorübergehen heftig an, und giengen hinfür zum Hochaltar, allwo sie mit größten Eifer Chor hielten so wie es in der Domkirche zu Salzburg gewöhnlich ist.  Dann wurde mit allen Glocken zum Gottesdienst geläutet.  Diese Glocken hatten einen so schönen und lieblichen Ton, daß in einer Kirche außer dieses Berges alle Leute zum Kirchengehen wären ermuntert worden.  Aber auch dahier sah Lazarus große Schaaren Volks mit schönen doch nicht übertriebenen geputzten Kleidern zur Kirche wallen.  Dann fiengen die Mönche an, auf allen Altären Messen zu lesen, und am Hochaltar das Hochamt zu halten, und alle Orgeln mit den übrigen Musikinstrumenten ertönten laut und prächtig, so daß Lazarus sich nichts anders vorstellen konnte, als daß er wirklich im Himmel wäre.  Als nun dieser Gottesdienst vollendet war, gieng alles Volk wiederum aus der Kirche, und die Mönche über ihre bemeldte Stiege hinauf.  Bald darauf kam der Mönch wiederum herab zum Lazarus, und sprach zu ihm: Jetzt bleibe da, man will zum Essen gehen.  Also blieb er noch da, bis die Uhr 12 geschlagen.  Alsdann kam der Mönch zum Lazarus, und führte ihn über dieselbe Stiege hinauf, die nicht weniger als 80 von Marmor schönstens und regelmäßig ausgearbeitete Fußtreppen hatte.  Da kamen sie in ein großes Vorhaus.  Dieses war zu beyden Seiten voll hoher Fenstern; durch diese sah er hinab auf die schöne große Wiese, worauf das große Gebäude stund.  Mitten durch dieses Borhaus führte ihn der Mönch in das Refektorium, und dieses war oben gewölbt und mit Fenstergittern wohl vermacht.  Darinnen stunden lange prächtige Tafeln.  Zunächst der Thür setzte der Mönch den Lazarus an einen gedeckten Tisch, und sagte: Lazarus jetzt bleibe da, ich will Dir zu Essen und zu Trinken geben, und da der Mönch um das Essen gienge, erkecke sich der Lazarus, und sah zu den Fenstern hinab.  Da siehet er ganze Schaaren Volks über die große weite Wiesen von einem Wald zum andern hin und her gehen.  Unterdessen kam der Mönch mit dem Essen daher, als Fleisch, Kraut, dazu Gersten und ein Laibl Brod sammt einem Becher guten Wein, wie man sonst in dem uralten Stift und Kloster St. Peter in Salzburg zu traktiren pfelgte.  Das Speis- und Trinkgeschirr war wohlgeputzt und von dem feinsten Zinn.  Es befahl ihm weiters der Mönch, Gott für das Essen zu danken, und dann führte er den Lazarus wiederum in die Kirche.  Diese war jetzt wiederum voll von Leuten.
Gleich in der Frühe nach der Vesper  mußte Lazarus wieder in das Refektorium, und zwar wieder über bemeldtes Muetz- oder Vorhaus.  Von dem Refektorium schaueten sie beyde über die Fenster hinunter, und es giengen zum abermals auf der schönen Wiese die Leute freundlich und gemeinschaftlich hin und her.  Da fragte der Lazarus den Mönch: wer doch diese Leute sind?  Der Mönch antwortete ihm:  Diese Leute sind gewesen Kaiser, Könige, Fürsten, Bischöfe, Pralaten, Ritter, adeliche und unadeliche Herren und Frauen, Klosterleute, Knechte und Dienstmägde, Reiche und Arme, alle christliche Leute, welche den christlichen Glauben gegen den Untergang geschützt und dafür gestritten haben; und darunter sind viele, welche der Lazarus sehr gut gekannt hat: als solcher ist der Fürst von Salzburg, Namens Leonhard von Keutsach, Herzog Albrecht aus Baiern und seine Hausfrau, die Prälaten zu St. Peter und St. Zeno in Baiern, und viele andere Reiche und Arme.
Dann fragte der Lazarus:  Wer derjenige sey, der die goldene Krone auf seinem Haupt und den Zepter in der Hand hat?  Der Mönch antortete ihm:  Dieser ist der Kaiser Karl, unser getreuer Regent, der auch alle übrige Kaiser und Könige nebst anderen zu seinem Dienst in diesem Orte unter ihm hat, der auch auf dem großen Welserfeld nächst des Wunderbergs einst war verzuckt worden, und ist jetzt in jener Gestalt, wie er in der zeitlichen Welt war, gewesen.  An diesem Kaiser siehet Lazarus einen langen grauen Bart, der ihm das goldene Bruststück an seiner Kleidung ganz und gar bedeckte.  An seinen Fest- und Ehrentagen aber war dieser Bart auf 2 Theile getheilt, einer liegt auf der rechten, der andere auf der linken Seite, mit einem von kostbaren Perlen gemachten Band eingewickelt.
Dieser Kaiser hatte ein scharfes und tiefsinniges Angesicht, und zwar doch mit jedem von seinen Untergebenen hoch und niedern Standes äußerst freundlich und gemeinschaftlich; auch wurde von ihm alles sehr gütlich und freundlich veranstaltet und angeordnet.  Sein zahlreiches Militär konnte Lazarus, ungeachtet Sehens und Schauens nicht beschreiben, wie dieses in seinem täglichen Aufzug und seiner Montur sich sehr veränderte und sich täglich Andere mit ihrem klingenden Spiele sehen und hören ließen.  Man erzählt sogar von diesem Militär, daß ehrbare Männer, die auf diesem Berg zum öftern ihres Erwerbs wegen sich aufhielten, bezeuget haben, daß sich von diesem Militär schon öfters mehrere ausser dieses Berges haben hören und sehen lassen, und sich dieses meist zu solchen Zeiten ereignet habe, da in unsern Ländern das Kriegesfeuer unter den Potentaten auszubrechen schien.
Der Lazarus sah sich öfters mit vielem Eifer und Nachsuchen herum, wo denn dieser Kaiser Karl seine Residenz und die vielen Leute ihre Wohnung haben mochten, wie auch, was denn diese Soldaten für Wachen beziehen müssen: allein er sah sonst nichts, als das schon oben erwähnte Gebäude und was darinnen war.  Auch meldete der Mönch ihm kein Wort davon.  Der Mönch wurde mehrmalen von dem Lazarus befragt: Was denn hier immer bis zu den letzten Zeiten der Welt ihr thun sey?   Auf diese Frage gab der Mönch dem Lazarus eine Maultasche mit den Worten: Dies ist mir und Dir nicht nöthig zu wissen, dem es stehe uns beyden nicht zu, denen Geheimnissen Gottes nachzuforschen?  Willst Du hinausgehen, so bist Du nichts weniger als davon zurückgehalten, und kannst ungehindert Dich von hier wegbegeben.  Willst Du aber länger in diesem unsern geheimnisvollen Aufenthalt verbleiben, so stehet Dir es ebenfalls frey.  Der Lazarus aber verlangte, noch länger dahier verbleiben zu dürfen, und bath den Mönch wegen seines Vorwitzes um Verzeihung.  Es wurde nun Zeit in den Chor zu gehen.  Da kamen dann alle Mönche in schönster Ordnung.
Der Lazarus sah diese aus Büchern, die aus Baumrinden gemacht waren, bethen und singen.
Nach dem Chor verweilten sich die Mönche ein wenig, und machten freywillig aus ihren Büchern geistreiche Betrachtungen.  Es wurde auch dem Lazarus sogar erlaubt, selbst in diese Bücher zu sehen und zu lesen.  Wie denn auch weiter erfolgen wird, was Lazarus darin gelesen und erfahren hat.
Nach der Complet und Lesung dieser Bücher waren alle Mönche bereit, in den hohen Thurm zu gehen, wodurch der Lazarus in den Wunderberg hineingekommen.  Wegen der Schönheit dieses Thurms sah der Lazarus öfters hinauf und bewunderte denselben, und es war eben wieder 7 Uhr wie vormals, als er in den Thurm hineingegangen.  Es befanden sich zu beiden Seiten 12 geschlossene mit Eisen fest beschlagene Thüren.  Dort sprach der Mönch zum Lazarus: Durch diese Thüre gehet man nach St. Bartlmee in Berchtesgaden; durch die zweyte nach Salzburg in die herrliche Domkirche; durch die dritte in das Kirchenthal genannt, woselbst im tiefsten Saeculo von dem Erzbischof zu Salzburg Ernst Thun eine Wallfahrtskirche zu Ehren der Mutter Gottes erbauet und aufgerichtet worden; durch die vierte kommt man auf Feldkirchen; durch die fünfte an die Gmain zur Mutter Gottes, nächst dieses Berges durch die sechste auf Seekirchen 3 Stunden von Salzburg; durch die siebente auf Matzlon nächst Salzburg, durch die achte auf St. Michael; durch die neunte auf St. Gilling;
durch die zehnte auf St. Zeno nächst dieses Berges; durch die eilfte auf Maria Egg in Baiern;
durch die zwölfte auf Peter und Paul.
Es mußte auch Lazarus mit denen Mönchen ebenfalls durch die Thüren gehen.  Sie giengen jetzt mit ihm weit über eine Steige hinunter und da sie eine Zeit lang giengen, sprach der Mönch: Sieh Lazarus, jetzt gehen wir tief unter einem See.  Und da sie in die Kirche gekommen, war selbe dem Lazarus unbekannt, und es St. Giling.  Und da Lazarus wiederum aus dem Berg kam, gieng er bald darauf für sich selbst in diese Kirche.  Da sah er denn, daß er mit den Mönchen wirklich in dieser Kirche gewesen war, und unter der Erde hierher gekommen ist, konnte aber nicht begreifen, auf welche Art sie durch das Kirchenpflaster auf und abwärts gekommen seyn mögen.  Sie hielten in dieser Kirche zur Nachtszeit mit größter Andacht Gottesdienst.  Sie giengen von da aus wieder in den Wunderberg zurück, und in der folgenden Nacht wiederum in eine andere Kirche, und sie kommen allzeit bald und geschwind von einem Ort in den andern.  Es kam auch dem Lazarus nach seiner Ausfrage vor, als hätten sie das nämliche Tagslicht, als in der äussern Welt, jedoch sah er keine Sonne.
Mit Schlafen hatten die Mönche wenig Ruhe; sondern sie sind beynahe stets munter und wachtbar, und sämmtlich eines fröhlichen Gemüths.  Sie alle halten sammt den Uebrigen eine schöne Tagesordnung in diesem Berg.  Der Lazarus war 6 Tage bey ihnen in dem Wunderberg, und hatte diese Zeit hindurch nicht den geringsten Mangel an Essen und Trinken, so wie er auch mit ihnen stets gutes Muthes war; er konnte jedoch während dieser Zeit nicht wirklich abnehmen, ob diese Wunderbergsbewohner Geister seyn oder nicht.  Er sah sie essen und trinken; aber äußerst schmal und wenig. 

Daher zwischen den Gelehrten auf Erden viel Streit und Zweifel daraus entstand, die sich nicht darüber wollten belehren lassen, daß diese Begebenheiten sich wirklich ereigneten, weil sowohl der bemeldte Fuhrmann, als auch der Jäger und hauptsächlich der Lazarus vor ihrem Tode in Gegenwart der Beichtväter und anderer Freunde alles öffentlich bekennet haben.
Allein viele Gelehrte glauben nicht, daß es noch geheime Sachen giebt, von denen sie sich nichts träumen lassen.  Es ist übrigens, wie schon gesagt, was in diesem Büchlein enthalten ist, kein Glaubensartikel, und stehet einem jeden, dem ohnehin alles Glauben hart ankommt, frey, darüber nach seiner Denkart zu urtheilen.
Der Mönch führte den Lazarus jetzt zum bemeldten Thor, allwo er ehvor seinen Eingang genommen und seinen Hut niederlegte, und sprach zum Lazarus: Jetzt ist nun Zeit, daß Du wiederum zurückkehrest nach Haus.  Aber ein wenig sollst Du noch warten; ich will Dir auf den Weg 2 Laiblein Brod mitgeben, damit Du etwas zu zehren habest.  Der Mönch gieng und kam sogleich wieder zurück, und blieb bey dem Lazarus noch eine Weile stehen, und sagte zu ihm:   Mein Lazarus !  Du hast bey uns wunderbare Dinge gesehen, die du Dir wohl merken und pünktlich aufschreiben sollst.  Erst gieb acht auf das, was Du noch zuvor, eh Du von diesem wunderbaren Ort scheidest, zum Unterrichte für Dich und alle gute und ehrliche Leute von mir von den künftigen Zeiten, die sich begeben werden, vernehmen wirst:
Mit dem Verfall der Treu und Redlichkeit unter den Menschen werden über Deutschland und viele andere Länder betrübte Zeiten erscheinen.  Die Verachtung der Religion und Gottesfurcht wird mehr böse als gutmüthige Menschen hervorbringen.  Der Unglauben gegen das göttliche Wort und seinen Willen wird die Strafe des Himmels über ganze Länder verhängen; es wird kein Glauben, kein Eid, kein Zutrauen mehr statt finden.  Die Leute werden nur nach zeitlichen Gewinn trachten, und die Väter und Mütter werden ihre Kinder mehr zum Betrug, zum Geitz, Listigkeit und Hochmuth, als zur christlichen Lehr erziehen.  Unter diesen Kindern wird, wenn sie erwachsen seyn werden, für ehrliche Leute nicht gut zu leben seyn; sie werden durch Listigkeit und Vortheil sich über andere zu erheben und die Guten unter sich zu drucken wissen, und die großen Fürsten werden ihnen mehr glauben, als den Redlichen, die kein Gehör finden werden. 
Auch hatte Lazarus in dem bemeldten Buch, das ihm ein Mönch zeigte, sogar selbsten gelesen, daß in den kommenden Jahren, besonders mit Anfang der zweyten Hälfte des 18ten Jahrhunderts, die Leute sich so ändern werden, daß sie über alles, was die Geistlichen und die Kirche von den Gebothen Gottes, von der Tugend und christlichen Lebenswandel, von der Strafe über die Sünden lehrt und gelehret hat, lachen werden, bey denen noch Christenthum, Treu und Redlichkeit zu finden ist.  Sie werden solche Leute verlachen wie Narren, die in der Welt nicht zu leben wissen.  Unter jenen aber wird nichts in Schwung gehen, als Hofart, Prahleren, leerer Schein von aussen und Niederträchtigkeit von innern Herzen.  Betrug, Listigkeit und Prelleren, werden ihre Haupteigenschaften seyn, auf welche sie sich sogar noch viel zu Guten thun, und stolz darauf seyn werden.  Daher werden unter ihnen meistens herrschen lächerliche Hochmuth, großer Kleiderpracht und Verschwendung an schädlichen Aufwand.  Die Haushaltungen werden auf ehrliche Weise nicht mehr bestritten werden können: daher werden Untreue, Ehebruch und Hureren sowohl vom männlichen als weiblichen, mit ledigen als geehelichten Personen zur Mode.  Sie werden durch den äußerlichen Putz ihres verächtlichen Leibes die Schand ihres Herzens decken wollen, obgleich sie jeder Ehrliche mit Verachtung anschauen wird.  Allein da sie überall bey Groß und Mindern doch durch List, Schmeichleren und verschiedene eigennützige Verbindung große Hand und Ansehen zu verschaffen wissen werden, so werden sie über die Redlichen meistens triumphiren und diese unterliegen müssen.  Zu Gunsten seiner Habsucht und Bestreitung seines Hochmuths wird jeder seine sündhaften Streiche entschuldigen.  Die Uneinigkeiten und Mißtrauen werden auch die großen Herren in der Welt beherrschen.  Sie werden einander selbst mit List und Falschheit begegnen, und daher wegen beständigen Kriegen und Zwistigkeiten immer mehr bedrücken und mißmuthig machen müssen.  Zu selbiger Zeit (sagte der Mönch zum Lazarus) werden die Wissenschaften auf denen Universitäten und hohen Schulen zwar auf das höchste übertrieben aber nur auf bloße zeitlich und eitle philosophische Künste und Verwirrungen getrieben werden, und die Studierenden werden vielmehr (wie ihre Lehrer) trachten, alle gelehrte Wissenschaften ihrer Vorfahrer lächerlich und verdächtig zu machen, als selbst nützliche Wissenschaften zu lehren.  Daher wird unter den Gelehrten des Disputirens über alle Dinge kein Ende seyn, und jeder wird alles und nichts wissen.  Es werden redliche Prediger, die dem Worte Gottes nachkommen, bey den Vornehmen in Ungnaden kommen, und mit Spott und Strafen belegt werden; dahero die eitlen Prediger selbsten aus Furcht um der Gunst wegen und der genießenden Wohlthaten halber durch die Finger sehen, der Sünden schmeicheln und die seine Lebensart ihrer vornehmen Untergebenen beloben werden.  Die Minderen werden den Vornehmern in allen Stücken, wo sie nur können, fleißig nachfolgen; sie werden ihre Kinder lieber in die Komödie, als zur Anhörung des Wort Gottes senden, weil dort mehr seine Welt oder eigentlich das Laster im Gewande der Tugend und Frömmigkeit gelebet wird.  So werden sich ihre Töchter sowohl in ..... Kleidung als in ihren sogenannten Sitten ganz nach den Komödie, Nymphen modeln, und sich mehr zum immerwährenden Komödiespielen als zur guten Hauswirtschaft und christlichen Hausmutter zu bilden wissen.  Sie werden durch ihren frechen und schamlosen Aufzug Jedermann kund thue, daß bey ihnen vergebens ein Tropfen Ehrbarkeit zu suchen sey.  Sie werden ihren Lüsten ihr und ihriger Freunde und Eltern zeitlich und ewiges Wohl aufopfern, und verwegen genugsam seyn, ehrliche und ehrenswerthe Weibspersonen, denen sie nicht werth sind die Schuh zu putzen, von wegen ihrer Tugend und Ehrbarkeit mit Spott und Verachtung zu begegnen; auch die Mannspersonen werden dumm und verdorben genug seyn, diese wollüstigen Schandnymphen denen wenig tugendreichen Töchtern vorzuziehen, und damit sich ihren wohlverdienten Lohn auf jede Art zu verschaffen.  
Es wird an den Christenleuten (sagte der Mönch ferner zum Lazarus) kein äußerliches Zeichen des Christenthums mehr zu sehen seyn, und bey wem man noch einen Rosenkranz, Skapulier, Kreuz- oder Bethbüchlein sehen wird, wird als ein ungescheiter Bethbruder von den Vornehmen und Gelehrten verlachet werden.  Man wird nur wegen dem andern Geschlecht zu gefallen in die Kirche gehen, und um sich über die Kirchengebräuche und Andachten frommer Leute lustig zu machen; denn zu den damaligen Zeiten wird man sich über Frevel keiner Bestrafung, vielweniger wie jetzt, einer Inquisition mehr zu befürchten haben.  Es wird des Betragens der feinen Welt in der Kirche und auf der Gasse ganz kein Unterschied mehr seyn, und man wird sich schämen, in den Gotteshäusern in Andacht und Verehrung Gottes frommes Beyspiel zu geben.
Der Untergebene wird seinem Vorgesetzten keinen Gehorsam mehr leisten, und Jeder nur thun, was ihm beliebt; daher wird kein Schneider kein Kleid, kein Schuster keinen Schuh, kein Hutter keinen Hut, und durchaus kein Meister, besonders bey der immer närrischer werdenden Mode, nichts mehr verfertigen können.  Fleiß und Arbeit werden Schand seyn, und Jedermann wird sich von ehrlicher Handthierung und Arbeit wegziehen, und alle böse Sünd und Streiche zu treiben, wo er besser davon leben kann, und in mehr Ansehen steht, als der fleißige und mühsame Arbeiter. - Daher wird auch die Theurung in allen nur erdentlichen Bedürftigkeiten einen schrecklichen Grad erreichen, und man wird nicht mehr wissen, wie man alles Nothwendige auf ehrliche Manier erwerben und herbeyschaffen kann.  Doch werden die ehrlosen Tagediebe bey aller ihrer Nichtswürdigkeit im größten Hochmuth sich über andere zu erheben wissen, und die fleißigen und ehrlichen Leute bey ihrer nützlichen Arbeit und Ehrlichkeit bedrucken und verfolgen.  Daher dann weiters unter den Völkern große Uneinigkeit und Unzufriedenheit enstehen wird, woraus dann die Potentaten schrecklich übereinander kommen und großes Blutbad unter ihren Völkern anrichten werden, so daß die Bauern aus ihren Pflugscheren Waffen schmieden und gegeneinander zu Feld ziehen werden, wo denn der Fuhrmann von seinem Pferd absteigen und mit seiner Geisel, der Pflugheber mit der Reitel, die Weiber mit Spieß und Gabeln, die Handwerker mit ihrem Arbeitszeug, der Künstler mit seinem Seitengewehr, der Holzknecht mit seiner Hacke dazulaufen, und eins das andere umzubringen suchen wird.
Weiters sagte der Mönch dem Lazarus, daß nächst der Stadt Salzburg auf dem sogenannten Walserfeld eine schreckliche Schlacht vorfallen wird, wo alles hinzulaufen, und ein so schreckliches Blutbad seyn wird, daß denen Streitenden das Blut vom Fußboden in die Schuh rinnen wird.  Die Vornehmen werden dabey wegen ihres ungenügsamen Lebens und Undank gegen Gott sonderheitlich verfolget werden, daß sie wünschen werden, gesammt auf einem Sattel davonreiten zu können.  Jene Menschen aber, die eines bessern Wandels sind, werdem von den Wunderbergsbewohnern geschützet und gerettet werden; die anderen hingegen von denselben niedergehauen oder erschlagen werden.
Auch sagte der Mönch zum Lazarus: Siehe dort auf dem großen Walserfeld steht ein ausgedorter Biernbaum, zum An- und Vorgedenken dieser letzten Schlacht, so schon dreymal umgehauet worden; aber seine Wurzel wurde dermaß beschützet, daß er wiederum zu grünen anfanget, und wieder ein vollkommener Baum daraus werde.  Viele Jahre, bevor sich die gräuliche Schlacht in diesem Walserfeld wird ereignen, bleibt er ausgedorrt da stehen; wann er aber zu grünen anfanget, wird es schon nahe seyn; wann er aber anfangen wird, Früchte zu tragen, wird das Ereignis bemeldter Schlacht seinen Anfang nehmen.  An diesem Biernbaum wird der Kurfürst aus Baiern zur letzten Schlacht seinen Wappenschild daran hangen, und wird niemand verstehen können, was dieses zu bedeuten habe.  Und er wird dann diesen sammt seiner Mannschaft verlassen.  Es wird dann nach und nach alles Volk durch verschiedene herbeykommene Uebeln und Landesplagen so bedrängt werden; daß einer dem andern in nichts mehr wird helfen können; und da man 1800 wird schreiben, wird die deutsche Treu und Redlichkeit beynah vollends begraben seyn.  Der Vater wird zum Sohn, und der Sohn zum Vater kein Zutrauen mehr haben, und so wird ein Freund den andern betrügen, übervorteln und um seyn Sach zu bringen wissen.  Es wird auch um selbe Zeit große Noth an Geld seyn, und doch werden die Leute nicht genug ausstudieren können wie sie sich vornehm, üppig und prächtig genug kleiden sollen.  Die Magd wird ihre Frau an Putz weit übertreffen, und jeder wird trachten mehr scheinen zu wollen, als er ist.  Der gemeine Mann wird sich mit seinem Nachbar vereinigen, selbst aus ihrem vorhandenen Kupfergeschirr Geld zu prägen.   Aus diesem (sprach der Mönch zu dem Lazarus) kannst du abnehmen, was für eine schreckliche Verwirrung entstehen, und was für Drangsalen über die Länder kommen werden.  Nun nimm von mir das heilige Kreuzzeichen, und dann kannst du im Namen Gottes wieder ruhig nach Haus ziehen.  Lebe hinfüro gottesfürchtig und getreu unter deinen Brüdern, Freunden und allen Menschen, erweise ihnen alle Lieb und Freundlichkeit, und sage vor verfluß von fünf und dreyßig Jahren niemanden nichts, was du hier in diesem Wunderberg gesehen und gehöret hast.
Der Lazarus Gitschner gieng nun voller Erstaunen und Verwunderung über das Gesehene und Gehörte sogleich geraden Wegs nach Haus.  Der Herr Stadtschreiber und Stadtpfarrer zu Reichenhall fragten den Knecht Lazarus:  Warum er denn so lange abwesend war, und jetzt so tiefsinnig und kleinmüthig wäre;  der Lazarus aber that bloß seine Schuldigkeit, und übergab ihnen die verlangte Abschrift von der großen Klamm, von dem uebrigen aber war er ganzer 35 Jahre still und äußerst verschwiegen.  Bis dahin wurde Gitschner 65 Jahre alt, und dann nahte sich seyn Lebensend heran, vor welchem er alles hier von ihm Beschriebene offenherzig erzählte, und zwar bey gutem Verstand in Gegenwart seines Beichtvaters.  Dieser Lazarus Gitschner hinterließ einen leiblichen Sohn mit Namen Johann, der bey seynes Vaters Inventur diese Wunderbergsbeschreibung gefunden.  Das uebrige aber, was andern Jahren und Orten in und außer des Bergs ist gesehen worden, ist schon Anfangs in diesem Büchlein erzählet worden.  Dieser Johann Gitschner war ein dortmals zu Bergham 2 Stunde von Salzburg ansäßig bekannter Bauersmann.  Im Jahre 1566 theilte er diese Wunderbergsbeschreibung von seinem Vater Jedermann mit, welche sowohl bey Hohen als Niedern dortmals ohne Scherz und Spott aufgenommen worden.