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Warum ist der
Baumringkalender die beste Chronik? |
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Baumringkalender Viel ist schon über die
Möglichkeit geschrieben worden, aus der niemals
gleichmäßigen Dicke der Jahresringe an Baumquerschnitten
Schlußfolgerungen über klimatische Vorgänge und
über Veränderungen in der Sonnenfleckentätigkeit
abzuleiten. Die Intensität des Roheis- und des
Feineiszuflusses, welteislehretheoretisch gesprochen, beeinflußt
vor allem das vegetative Leben auf der Erde, je nach Niederschlagsmenge
und mittlerer Jahrestemperatur setzen die Bäume schmälere
oder breitere Jahresringe an. Aus zahllosen Beobachtungen an
Jahresringen ist nun eine Methode entwickelt worden, die klimatischen
Verhältnisse längst vergangener Zeiten zu
rekonstruieren. Da sich die Holzstruktur außerordentlich
lange unversehrt erhält, scheinen zeitliche Grenzen in die
Vergangenheit praktisch überhaupt nicht gegeben zu sein.
Welteislehrefachleute haben ja deshalb schon die Frage aufgeworfen, ob
nicht die Möglichkeit bestehe, durch Untersuchungen an aus
Kohlenrevieren herausgeholten (verkohlten) Baumstämmen die
Schwankungen der Sonnenfleckentätigkeit auch in millionenjahrlang
zurückliegenden geologischen Epochen zu studieren.
![]() Die beste Geschichtschronik enthält
der Baumring
Nicht so unermeßlich
weit, immerhin aber in 2000jährige Vergangenheit zurück sind
die Amerikaner vorgestoßen. Huntington hat schon vor Jahren
an den Schnittflächen 150 m hoher, etwa 3000jähriger
kalifornischer Mammutbäume die Jahresringe studiert; er meint, an
Hand dieses Materials die Behauptung von einer langsamen Abnahme der
mittleren Jahrestemperatur aufstellen zu dürfen. Der Dozent
an der Universität Arizona, Dr. A Douglas, veröffentlichte
vor kurzem die Ergebnisse seiner Untersuchungen an über 5000
Querschnitten jüngst gefällter Bäume und an
Baumstümpfen aus altindianischen Ruinen. Dieser
"hölzerne Kalender" reicht, so behauptet Douglas, bis ins "Goldene
Zeitalter" der Pueblosindianer, die in Neu-Mexiko und Arizona wohnen,
zurück. Damit ist, schreibt Douglas, " die Geschichte der
Vereinigten Staaten für rund acht Jahrhunderte, bevor Kolumbus das
Gestade der Neuen Welt erreichte, aufgeklärt und besonders auch
für die Südweststaaten eine Chronologie aufgestellt, die
zuverlässiger ist, als wenn Menschenhände die bedeutsamen
Ereignisse unter dem frischen Eindruck des Geschehens niedergeschrieben
hätten. Wie erst die Auffindung der (jetzt im Britischen
Museum befindlichen) Steintafel von Rosette vor hundert Jahren die
Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen ermöglichte, so hat
die Sammlung einer unverletzten Reihe von Baumstämmen über
die Chronologie des amerikanischen Südwestens helles Licht
verbreitet. Wir kennen jetzt, natürlich nur in großen
Umrissen, seine Entwicklung bis zum Jahre 700 n. Chr. zurück, und
wir besitzen in den mehr als 5000 Querschnitten der Bäume und
Baumstümpfe gewissermaßen eine einzigartige Sammlung
unvergänglicher Wetterkarten, die das Klima des Landes
während der letzten 1200 Jahre weit zuverlässiger
enträtseln, als es uralte vergilbte Chroniken
vermöchten. Denn der Baumring erfindet nicht und
verläßt sich nicht auf Hörensagen, wie vielleicht so
mancher alte Chronist.
Die Methode, derartige Baumringkalender zu gewinnen, selbst ist das Ergebnis langwieriger Bemühungen, die Aufzeichnungen der Bäume zu lesen und zu deuten. Wären diese Aufzeichnungen Jahr für Jahr die gleichen, würden wir aus dem Wachstum der Bäume nichts anderes entnehmen können als ihr Alter. Aber ein Baum ist ein lebendes Wesen, seine Nahrungsversorgung wie seine Lebensabenteuer spiegeln sich in dem Tagebuch der Ringe deutlich wieder. Ein Blitzstrahl, ein Waldbrand, Insektenplage oder der Zusammenbruch eines Nachbarn hinterlassen im Leben der Bäume starke Eindrücke, die in den Ringen, ihren Tagebüchern, festgehalten sind. In den trockenen Gebieten des Südwestens, wo der Baumwuchs spärlich vertreten ist und auch andere Vegetation nur kümmerlich gedeiht, ist für Menschen wie für Bäume der Regen das wichtigste Ereignis. Dieser Umstand leistet bei der Zeitbestimmung die besten Dienste: denn bestimmte Jahresfolgen sind von Baum zu Baum, von Grafschaft zu Grafschaft mühelos zu erkennen. Ursprünglich galt mein Werk nur dem Studium der Sonnenfleckenperioden. Bei meinen Untersuchungen über die Länge der einzelnen Perioden studierte ich zur Kontrolle die Bäume; denn die Veränderungen auf der Sonne beeinflussen das Wetter, und das Wetter seinerseits beeinflußt wieder die Bäume, im trockenen Klima Arizonas genau so wie anderswo. Der Beweis für den elfjährigen Sonnenfleckenzyklus war an den Fichten Arizonas mühelos zu führen, und die regelmäßig wiederkehrenden Perioden konnten durch die Baumringe für 500 Jahre nachgewiesen werden, mit Ausnahme einer Zwischenzeit, die von 1650 bis 1725 etwa reicht. Für diese Jahre war an den Baumringen auch nicht die Spur eines Beweises für Perioden der Klimaschwankungen zu entdecken, wie man es eigentlich hätte erwarten dürfen." Soweit also Dr. Douglas.
Und seltsamerweise ist, und zwar vollständig unabhängig von
den Douglasschen Untersuchungen, nämlich von dem verstorbenen
englischen Astronomen Walter Maunder, darauf hingewiesen worden,
daß aus der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur keine, aber
auch gar keine Angaben zu entnehmen seien, die auf Beobachtungen
über gesteigerte Sonnentätigkeit in der Periode zwischen 1645
bis 1715 schließen ließen. -
Damit erfährt die
Baumringkalendertheorie Douglas' indirekt eine Bestätigung - und
nicht nur sie, sondern überhaupt die uralten Behauptungen von
Zusammenhängen zwischen Sonnentätigkeit und pflanzlichem
Wachstum.
E. (Aufsatzquelle: Monatsheft "Schlüssel zum Weltgeschehen", Heft 10, S. 323-324, Jahrg. 1930, R. Voigtländers Verlag-Leipzig) |
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